Wenn man mich fragt, wie ich zum Kiezchor gekommen bin, sage ich manchmal: „durch Gott“. Wahr ist, dass ich schon lange nach einer Möglichkeit zum gemeinsamen Singen gesucht hatte und sie dann im Gemeindeblatt der Apostel-Paulus-Kirche hier im Akazienkiez gefunden habe. Da war es naheliegend, sich das Ganze mal näher anzuschauen. Kurz per Mail vorgestellt und eine Schnupperprobe vereinbart und schon war ich mittendrin und Max begrüßte mich in den Reihen der Sangesfreudigen.
Herzlich wurde ich von Anfang an aufgenommen, stimmlich im Bass verortet, zwischen zwei alte Hasen gesteckt und es ging los. Das Warm-up machte mehr als nur die Stimmbänder locker. Bei „How low can you go“ geht nicht nur der Bariton in die Beuge. Auch die Knie werden weich und geschmeidig tanzen wir durch den Raum, begrüßen und entspannen uns, bevor es mit den eigentlichen Stücken losgeht. Zwei, drei davon werden pro Probe geübt und verfeinert.
Gesungen werden die A-cappella-Arrangements vom Blatt. Also erstmal die rudimentären Notenkenntnisse entstauben und versuchen, im Stück mitzukommen und gleichzeitig die Lyrics zu lesen … Gut, dass links und rechts text- und tonsichere Kollegen stehen.
Das Repertoire lässt sich vielleicht ganz gut mit Sex, Drugs & A cappella beschreiben: Viele der Pop- und Rock-Klassiker handeln von körperlicher und geistiger Liebe oder vom Substanzgebrauch. So will Amy wohl auch im Jenseits noch nicht zur Rehab (no, no, no). Patti Smith schiebt’s kurzerhand auf die Nacht (Because the Night). Und die roten heißen Chilischoten leben gar schon Under the Bridge. Zumindest dem Song nach. Es bleibt aber natürlich nicht durchgehend düster-destruktiv. Locker-entspanntes Sommerfeeling kommt spätestens beim Dancing in the Moonlight auf, und dass Liebe auch leicht sein kann, sogar Shallow, davon weiß Lady Gaga ein Lied zu singen. Am Ende sind wir dann auch mal Big in Japan und zelebrieren unser Leben mit Jon Bon Jovi (It’s My Life).
Diese tollen Klassiker mehrstimmig als Chorstücke zu singen und zu hören, macht viel Spaß – auch wenn der Bass meistens eher onomatopoetisch unterstützt und ich mir manchmal wünsche, auch mal die Topline aus vollem Halse mitschmettern zu können. Das mache ich dann wohl weiterhin unter der Dusche. Weihnachtssongs von Jingle Bells über All I Want for Christmas bis zu deutschem Liedgut von Theodor Storm runden das Repertoire ab und sorgen ganzjährig für gute Stimmung.
Gute Sitte ist auch der gemeinsame Umtrunk im Anschluss – ob im Sommer unter freiem Himmel oder beim Inder an der Ecke in der kälteren Jahreszeit. Der Chor kommt auch außerhalb der Proben zusammen. Selbst Hochzeiten und Weihnachtsfeiern konnte ich so schon gemeinsam mit den anderen verbringen.
So ist der Montag seitdem für mich nicht mehr just another Manic Monday. Die wöchentliche Probe ist eher ein Grund, sich auf den Wochenstart zu freuen, und ich bin nach wie vor gut gelaunt dabei.